die Geschichte der Shelties


"Ursprünglich kommt der Sheltie von den vor Schottland liegenden Shetland-Inseln. Hier wo auch die Shetland-Ponys und die kleinwüchsigen Shetland Schafe zu Hause sind, hatte er die Aufgabe, die Schafherden zusammen- bzw. von Hof und Garten fernzuhalten. Erst seit 1840 kennt man den kleinen Hund der Shetland Inseln näher. Anfang des 20. Jahrhunderts trat er von Schottland aus als Show- und Familienhund seinen Siegeszug in der ganzen Welt an. Um seine Hüteeigenschaften zu verbessern, wurden Collies mit eingekreuzt, daher auch die Ähnlichkeit mit dieser Rasse."

Für den eiligen Leser ist dieser Auszug aus dem Rasseprotrait des Club für Britische Hütehunde e.V. eine sehr gute Kurzfassung der Geschichte des Shelties.

Die Shetland-Inseln also sind die Urheimat unserer Shelties. Die schottische Inselgruppe liegt etwa 200 km nördlich vom schottischen Festland in Höhe von Norwegen und umfasst über 100 meist unbewohnte, felsige und moorreiche Inseln mit spärlichem Pflanzenwuchs ohne Bäume im stürmischen, feuchtkühlen Klima.

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Hier wohnten arme Kleinbauern abgeschieden von der Welt, hatten kleine, liebe Allzweck-Haus- und Hütehunde und erzählten sich vermutlich lieber Balladen, als dass sie Zuchtbücher anlegten. Es ist deshalb schwer, die frühe Geschichte der Shelties zu rekonstruieren. Viele Informationen entstammen den Büchern von Coleman (1943), Gwynne-Jones (1958), B.M. & J.M. Herbert (1961), Osborne (1973), Davis (1973), Rogers (1974 & 1980), Riddle (1974) und Moody (1990).

Die Urbewohner auf den Shetlands hatten zweifellos Spitze, und die Aufmerksamkeit der Sheltie-Historiker konzentrierte sich auf nordische spitzartige Hunde, welche durch Walfänger und Fischer verbreitet wurden (Herkunft u.a. aus Skandinavien). Spitze könnten unseren Shelties die Stehohren, die verpönte Schwanzhaltung und die gelegentlich vorkommende Schwärzung des Vorgesichtes vererbt haben, wohl auch die typische Fellverteilung und Haartextur, die Kleinheit und den Spaß an der Bellerei. Die Spitze kamen mit Border-Collies zusammen, jenen nordbritischen Arbeits-Collies, die für ihre grandiosen Hüte- und Dressurleistungen im gesamten englischsprachigen Raum bekannt sind und viele Anhänger haben. Border-Collies sind langhaarige, recht breitköpfige, meist mittelgroße Hunde, vielfach mit Hängeohren, oft mit breiter weißer Kopfblesse und schwarzem Haarkleid, das im Übrigen weiße Abzeichen wie beim modernen Collie trägt. Für Border-Collies gibt es ein Zuchtbuch seit der Jahrhundertwende, seit 1976 aber sind sie erst als Rasse vom englischen Kennel Club anerkannt. Auch die Geschichte des Border-Collie liegt im Dunkel.

Es gab im letzten Jahrhundert in England viele verschiedene, als Collies bezeichnete Hütehundlinien, und der uns wohlbekannte Langhaar-Collie, von den Arbeits-Collie-Leuten manchmal als Show-Collie bezeichnet, differenzierte sich etwa seit der Mitte des letzten Jahrhunderts von den Border-Collies, beziehungsweise deren Vorfahren (denn auch die Border-Collies haben sich fortentwickelt). Kleine Border-Collies haben sicher eine ganz wesentliche Rolle bei der Entstehung des Sheltie gespielt, und wenn wir die Photographien der Shelties aus der Zeit gleich nach der Jahrhundertwende mit den Abbildungen früherer Border-Collies vergleichen, finden wir eine große Ähnlichkeit.

Weitere Hunderassen haben in der Zeit ohne exakte schriftliche Überlieferung vermutlich ihr Erbe in die Entwicklung der Shetland-Inselrasse eingebracht. Ein schwarzbrauner Spaniel wird zum Beispiel erwähnt, aber man muss bedenken, dass schon die frühen britischen Hütehunde nicht scharf von Jagdhunderassen getrennt gezüchtet wurden. Schwarzbraune (Schwarz mit Loh, Black and Tan) Shelties sollen nach dem ersten Zuchtbuch (1909, siehe Rogers im Handbuch des English Shetland Sheepdog Club von 1966, Seite 23) auf den Shetland Inseln sehr häufig gewesen sein. Seit den 1930er Jahren ist dieser Farbschlag in der Rasse verschwunden. Wir haben den Verdacht, dass diese Shelties ohne die typischen weißen Collie-Abzeichen eine besondere frühe Verwandtschaftsgruppe ohne Collie-Einfluß darstellen, konnten aber keine weiteren Belege finden. Für Shiel (1977) waren diese Hunde ein Hinweis auf einen Spaniel unter den Sheltie-Ahnen.

Ungefähr in der Zeit der Jahrhundertwende wurden Sheltie-Welpen als Souvenirs von Inselbesuchern, wie Seeleuten der englischen Marine, geschätzt; die armen Shetländer taten alles, um die Wünsche nach den süßen, flauschigen kleinen Welpen zu befriedigen. An die Konsolidierung einer Rasse dachten sie nicht, noch nicht. Aber auch das Erzeugen eines süß aussehenden Welpen ist ein Zuchtziel, und der heutige Sheltie-Züchter, der an der Wurfkiste seiner Welpen steht, wird uns zustimmen, dass dieses Ziel in vollkommener Weise erreicht wurde.

Die Shetland-Inseln wurden also zum Schmelztiegel verschiedener Hunderassen. War die hier entstandene Inselrasse, der "Toonie dog", "Peerie dog" oder "Shetland Collie", wie er schließlich hieß, eine sich rein vererbende Rasse? Ein Bericht aus dem Jahr 1917 (siehe ESSC Handbook 1970, Seite 9) bejaht dies. Die Rasse vererbe sich so hinreichend rein, so heißt es hier, dass die Feststellung, sie wäre das Resultat einer kürzlich vorgenommenen Kreuzung, widerlegt sei.

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Toonies auf den Shetlands, 1896

Um die Jahrhundertwende begannen die Versuche, die Shetland Collies als Rasse zu bewahren. Zuerst kamen Zwingergründungen und Zeitungsberichte über die Rasse, dann der historische Montag, 23. November 1908: Gründung des Shetland Collie Club in Lerwick, der Hauptstadt der Inselgruppe. Ein damaliger Zeitungsartikel (abgedruckt bei Riddle, der auf S. 23-29 einige interessante und rührende Dokumente aus diesen Jahren wiedergibt) nennt in zwei Sätzen die wesentlichen Punkte des Rasse-Standards, auf die man sich auf der nächsten Sitzung des neuen Clubs geeinigt hatte. Der Shetland Collie solle nicht über 12 Inch (30,5 cm!) hoch und 14 engl. Pounds (6,35 kg) schwer sein - und er solle dem Langhaar-Collie in Miniatur gleichen. Eine, wie die Zukunft zeigte, unerfüllbare Forderung.

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Shetland Sheepdog, 1908

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Shetland Sheepdog, 1910

Der vorbildhafte große Collie hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine Karriere als Schau- und Modehund hinter sich, wobei manchmal große Geldpreise für die Hunde erzielt wurden. Er ist dem Sheltie als etablierter Rassehund etwa 40 Jahre voraus und war schon lange aus den Hütten armer Leute in die Fürstenhäuser gezogen. Die Verwendung des populären Namens "Collie" wurde den Shetländern und Schotten, die kurze Zeit später ebenfalls einen Club gründeten, verwehrt. Collie-Leute veranlassten das Verbot des Namens Collie für die neu vorgestellte Rasse, die seither Shetland Sheepdog oder Sheltie heißt.

Was aber nicht verboten werden konnte, war die Einkreuzung von Collies in die frühen Shelties. Denn so schön die kleinen Schäferhunde im Gebäude waren, die breiten Köpfe und großen fransigen Flatterohren waren alles andere als Collie-ähnlich. Mit den Collie-Einkreuzungen, die schon auf den Shetland-Inseln, z.B. vom Gastwirt Loggie, dem Gründer des Clubs, vorgenommen wurden, kamen die enormen Probleme der Größenkonstanz in die Zucht, die heute noch nicht überwunden sind. Und es kamen erbitterte Richtungskämpfe, bei denen es um die Erhaltung der Identität der alten Inselrasse ging. Diese Konflikte wurden erst zu Ende der zwanziger Jahre beigelegt als mit Champion Helensdale Laddie und Ch. Gawaine of Cameliard zwei Shelties gezeigt wurden, die allen Seiten gerecht werden konnten (siehe den Bericht von Clara Bowring im ESSC Handbook 1951).

Im Jahre 1909 wurden die ersten Shelties in England auf Ausstellungen vorgestellt, 1913 feierte "Zest", eine süße, gelb-weiße Hündin aus Lerwick Triumphe auf der Cruft's Show in London. Im Jahre 1914, unmittelbar bevor der Londoner Kennel Club die Rasse Shetland Sheepdog offiziell anerkannte, wurde der English Shetland Sheepdog Club (ESSC) gegründet, dem wir so viel für die Erhaltung und Förderung unserer Rasse verdanken.

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Shetland Sheepdog, 1915

Bedingt durch den 1. Weltkrieg waren dann allerdings die Shelties nach 1917 beinahe verschwunden. Mit den wenigen noch vorhandenen Zuchttieren und neuen Collie-Einkreuzungen wurde zu Beginn der zwanziger Jahre ein neuer Anfang gemacht. Von nun an stehen die Shelties im Lichte verlässlicher rassegeschichtlicher Aufzeichnungen.

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Shetland Sheepdog, 1920

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Shetland Sheepdog, 1925

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Shetland Sheepdog, 1938


Quellen:
  • Rasseportrait des Sheltie, Club für Britische Hütehunde
  • Die Sheltie-Fibel (Internet-Version, 2004), Franz und Karin Riemann